Das Medikament Trobalt gehört zu den sehr wenigen Möglichkeiten eine unmittelbare Linderung des Tinnitus-Leidens zu erreichen.
Über die Wirksamkeit von Trobalt habe ich bereits hier geschrieben.
Aber worum handelt es sich?
Trobalt ist ein Medikament, das ursprünglich zur Behandelung von Epilepsie entwickelt wurde. Der in Trobalt enthaltene Wirkstoff heißt Retigabin. Den Wikipedia-Artikel zu Trobalt findest du hier.
Retigabine ist eine relativ neue Wirkstoffklasse, welche sehr spezifisch auf bestimmte Kaliumkanäle wirkt und so die Erregbarkeit von Nervenzellen steuert. Welche Nervenzellen und Gehirnfunktionen genau beeinflusst werden und welche Wirkungen ein neues Medikament hat, kann die Wissenschaft bisher leider nicht genau vorhersagen. Das Verständnis von den chemischen Prozessen in unserem Gehirn ist dafür immer noch zu rudimentär. Deshalb müssen Probandenstudien gemacht werden und man schaut, was mit den Probanden (zuerst im Tiermodell) passiert und was die Probanden berichten. Erhofft hat man sich bei Retigabin eine positive Wirkung zur Vermeidung von epileptischen Anfällen, welche auch eingetreten ist.
Viel interessanter für uns ist jedoch die folgende Entdeckung. Bei der Einnahme von Trobalt durch Epilepsiepatienten hat sich zusätzlich herausgestellt, dass es bei diesen, sofern sie an Tinnitus litten, zu einer erfreulichen Nebenwirkung kam: Der Tinnitus wurde leiser.
Es handelt sich hier also um eine zufällige Entdeckung. (Wer an dieser Stelle denkt so ein Zufallsfund ist ein medizinischer Einzelfall, kann sich bei Interesse auch mal die Entdeckungsgeschichte von Viagra zu Gemüte führen.)
Schnell hat sich diese „Nebenwirkung“ in Tinnitus Patientenkreisen herumgesprochen, insbesondere über Internetforen. Man suche im Tinnitus Talk Forum nur mal nach Trobalt.
Interessanterweise scheint sich die Wirksamkeit in unzähligen Anwenderberichten, welche in verschiedenen Foren nachzulesen sind, tatsächlich bestätigt zu haben. Es gibt auch medizinische Fachartikel zu diesem Thema. Eigentlich ein tolles Ergebnis…Und dennoch ist es enttäuschend!
Warum ist Trobalt keine Lösung?
Die berichteten Nebenwirkungen von Trobalt sind regelrecht unheimlich. Ich selbst habe mir auf „privatem Wege“ ein paar Schachteln besorgt, aber mich nie getraut es zu nehmen.
Kurzfristige Nebenwirkungen, wie leichte Bewusstseinstrübung, Müdigkeit oder ähnliches hätte ich dabei noch in Kauf genommen, aber vielmehr beunruhigen die langfristigen möglichen Nebenwirkungen: Dauerhafte Sehstörungen wie Sehschärfeminderung, visuelles Rauschen oder Mouche Volantes („Floaters“) oder auch das dauerhafte Blauverfärben der Haut (kein Scherz!).
Zudem scheint Trobalt nur kurzfristig zu wirken, also nach ein paar Stunden ist der positive Effekt wieder weg. Ziemlich blöd, wenn die Nebenwirkungen bleiben.
Und selbst wenn ein Betroffener aufgrund seines Leidensdrucks bereit ist Trobalt auszuprobieren, wird er vermutlich nicht mehr an das Medikament kommen da es inzwischen vom Markt genommen wurde. Auch wenn es von der Herstellerfirma nicht gesagt wurde, die Vermutung liegt nahe, dass dies auch an den problematischen Nebenwirkungen liegt.
Und nun?
Trotz der massiven Nebenwirkungen ist der Wirkstoff Retigabine aus meiner Sicht einer der aussichtsreichsten Ausgangspunkte für ein zukünftiges Heilmittel. Meine Hoffnung ist, dass es gelingt einen ähnlichen Wirkstoff zu entwickeln, der womöglich eine noch bessere Tinnitus-Linderung erzielt und dabei keine oder zumindest weniger gravierende Nachteile mit sich bringt.
Man sollte meinen das bei diesem Potenzial sich die Forschung auf dieses Thema stürzt. Leider scheint mir dies nicht so.
Bekannt sind mir derzeit folgende Forschungsprojekte: