Jeder von uns mit Tinnitus hat garantiert schon Stunden und ganze Tage seines Lebens damit verbracht, sein Geräusch zu ergründen. Schließlich möchte man wissen, womit man es zu tun hat und dieses auch nach Außen hin beschreiben können.
Wie klingt es?
Grade am Anfang sucht man stundenlang nach Analogien aus der Umwelt, um seinen Tinnitus beschreiben und einordnen zu können: z. B. Meeresrauschen, Bienengesumme, Flugzeugturbine, Kreissäge, Zischen von Gleisen bevor der Zug kommt, Klingeln von Schlüsseln, Hochspannungsleitung und vieles andere. Möglicherweise kommt man auch zu dem Schluss, dass es kein vergleichbares Geräusch auf der ganzen Welt gibt. Das macht schnell einsam und traurig.
Ich selber habe diese Introspektive anfangs sehr viel gemacht und denke, es ist für eine gewisse Zeit auch unvermeidlich. Mal war mein Tinnitus wie eine Hochspannungsleitung, malwie eine Turbine, mal dies, mal das und stets dachte ich, wenn er nur anders wäre, wäre es so viel einfacher für mich.
Man kann sich vorstellen, dass dieses Verhalten nicht besonders hilfreich ist, um seinen Tinnitus zu bewältigen.
Auch sagen einem so gut wie alle Lehrbücher und Ratschläge von Spezialisten, man solle dem Geräusch weniger Beachtung schenken und das Weghören lernen.
Weniger Beachtung schenken und das Weghören lernen
Dieser Rat ist meiner Meinung nach in seiner Absicht absolut zentral um mit seinem Tinnitus besser klarzukommen, egal wie laut er ist.
Leider ist dieser Rat aber oft kaum umsetzbar. Vielleicht hat man Glück und der Tinnitus ist so leise, dass man ihn selten hört und ihn mit der Zeit von ganz allein vergisst, ohne dass man dazu das Weghören lernen müsste.
Was ist aber, wenn der Tinnitus laut und immer hörbar ist? Oder wenn er immer wieder mal deutlich wahrnehmbar wird? Oder wenn er zwar leise ist, aber man sich von den Gedanken daran nicht lösen kann?
Ich habe erfahren, dass der Rat wegzuhören und den Tinnitus nicht zu beachten, obwohl stets gut gemeint, unglaublichen Stress erzeugen kann. Dieser Rat klingt zwar einleuchtend und ist allseits akzeptiert. Aber er legt die Verantwortung für die Genesung in die Hand des Leidenden und ist dabei überhaupt nicht direkt umsetzbar.
Bei mir hat dieser gute Rat damit regelmäßig zu Verzweiflung geführt und Wut darüber, dass ich mit meiner Krankheit nicht verstanden werde.
Umdeutung anstatt Weghören
Inzwischen denke ich, dass der Schlüssel zum Erfolg in der Umdeutung des Geräusches liegt. Dann ist es egal, wie der Tinnitus klingt und man hört auch nicht bewusst weg oder versucht krampfhaft ihm weniger Beachtung zu schenken. Man nutzt einfach einen kleinen psychologischen Trick, um sich an das Geräusch zu gewöhnen.
Für mich selber sage ich mir dazu, dass mein Tinnitus mein persönliches Betriebsgeräusch ist. So wie das Summen vom PC-Lüfter, das Rauschen von der Kühlschrankpumpe oder das Brummen vom Auto oder Flugzeug.
Mein Tinnitus ist dabei nicht wie die Geräusche von Lüfter, Pumpe, Auto oder Flugzeug und auch nicht unbedingt lauter oder leiser.
Er ist einfach mein persönliches, eigenständiges Betriebsgeräusch, ohne Notwendigkeit für Vergleiche.
Für mich hat diese Umdeutung ganz wesentlich mit der Zeit dazu beigetragen, dass ich meinem Tinnitus weniger Beachtung schenke und dass ich unbewusst immer öfter von ihm weghören kann. Im Endeffekt mache ich also erfolgreich genau dass, was mich, wie oben beschrieben, früher hat verzweifeln lassen.
Mein T ist mein Betriebsgeräusch, nicht mehr und nicht weniger.
Dies ist mein Mantra. Vielleicht kann es ja auch eures werden.
Eine Bekannte hat immer öfter mit Tinitus zu kämpfen. Jetzt hat ihr eine Psychologin empfohlen beim Hals Nasen Ohrenarzt abzuklären ob es organisch ist. Wenn das nicht er Fall sein sollte, ist es vermutlich vom Stress bedingt.